Niederquerschnittsreifen

Reifen mit flachen Flanken

Beim Niederquerschnittsreifen driften die eigentliche Definition und der allgemeine Sprachgebrauch auseinander. Genau genommen ist jeder Reifen, dessen Seitenwandhöhe geringer ist als 80% der Breite, ein Niederquerschnittsreifen. Tatsächlich würde aber wohl niemand auf die Idee kommen, einen Reifen der Dimension 175/70 R13 oder 195/65 R15 als einen solchen zu bezeichnen. Die inoffizielle Definition legt daher eine 55er bzw. 50er Verhältniszahl fest.

Diese ist abhängig von der Breite des Reifens. Während die Seitenwand bei einem 185/55 R15 recht niedrig ist, fällt diese bei der weitverbreiteten Dimension 205/55 R16 schon wieder recht hoch aus. Aus diesem Grund liegt der allgemein angenommene Grenzwert heute bei 50.

Reifen

In der Vergangenheit waren es überwiegend die Sportwagenhersteller und Autotuner, die Reifen mit geringer Seitenwandhöhe auf die Fahrzeuge montierten. Dabei ging es in erster Linie um den optischen Aspekt, da die Autos mit den breiten Niederquerschnittsreifen wesentlich bulliger und kraftvoller wirken, und in zweiter Linie um die bessere Kurvenstabilität. Je niedriger die Seitenwand, umso niedriger auch die Walkwirkung des Reifens. Inzwischen erreichen auch gut motorisierte Mittelklassewagen den Bereich von 240 Km/h und mehr und die Fahrzeuge der Oberklasse, die nicht elektronisch abgeriegelt werden müssen, sind kaum noch zu finden. So ist auch bei den Limousinen und Kombis eine niedrigere Seitenwand notwendig, um ein Aufschwimmen bei hohen Geschwindigkeiten zu vermeiden.

Was den Verschleiß angeht, sollten sie sich ähnlich der Serienbereifung verhalten. Dies ist allerdings nicht immer der Fall. Je niedriger die Seitenflanken, desto wahrscheinlicher ist ein schnellerer Verschleiß. Das hat nicht direkt etwas mit der niedrigeren Seitenwand zu tun, als mehr mit der Erwartungshaltung der Käufer. Von Reifen dieser Art wird extremer Grip auch in rasant durchfahrenen Kurven erwartet. Dies ist nur mit einer entsprechend weicheren Gummimischung möglich, die einen höheren Abrieb mit sich bringt. Extrem wichtig ist bei diesen Reifen eine penible Einhaltung des richtigen Reifendrucks nach den Angaben des Herstellers. Während ein zu hoher Reifendruck den Fahrkomfort verschlechtert und das Fahrwerk zusätzlich strapaziert, kann ein zu niedriger Reifendruck zu irreversiblen Reifenschäden durch Überhitzung führen.

Vor- und Nachteile von Niederquerschnittsreifen

Abgesehen vom optischen Aspekt und dem direkteren Lenkverhalten sind durch die flacheren Flanken größere Felgen möglich, wodurch wiederum voluminösere Bremsanlagen Platz finden. Die breitere Lauffläche gibt nicht nur in den Kurven mehr Halt, sondern verringert auf trockener Fahrbahn auch den Bremsweg erheblich. Der Querschnitt geht runter bis in die 20er Serie. Kumho und Nexen haben sogar eine 15er Serie herausgebracht. Am Extremsten ist der Nexen N3000 in der Dimension 365/15 R24. Bei diesem Reifen beträgt die Höhe der Seitenwand gerade einmal 5,5 cm. Berücksichtigt man dabei noch die Stärke von Lauffläche und Karkasse, so ist der Übergang zum Vollgummireifen hier fließend.

Die genannten Vorteile werden mit nicht von der Hand zu weisenden Nachteilen erkauft. Das betrifft nicht nur den höheren Kaufpreis, sondern auch diverse Negativeigenschaften. So ist der breitere Reifen auf Regen und Schnee einem wesentlich höheren Aquaplaningrisiko ausgesetzt. Die flacheren Flanken verringern nicht nur die Walkwirkung, sondern auch den Federungskomfort. Diese zusätzliche Verhärtung des Fahrwerks ist nicht nur für die Fahrzeuginsassen unkomfortabel, sie sorgt auch für einen höheren Verschleiß des gesamten Fahrwerks, sofern dieses nicht auf die Verwendung von Niederquerschnittsreifen abgestimmt ist. Weitere Nachteile sind in dem höheren Rollwiderstand und damit einem höheren Kraftstoffverbrauch und höheren Abrollgeräuschen zu sehen. Bei extrem niedrigen Seitenwänden kommt noch das Risiko von Reifen und Felgenschäden im Falle von harten Begegnungen mit Bordsteinkanten oder Schlaglöchern hinzu. Ein Flankenschutz, der bei den Niederquerschnittsreifen größtenteils Standard ist, soll die meisten Parkschäden an Reifen und Alufelgen, auf denen diese Reifen in der Regel montiert werden, verhindern.

Wer den Kauf von breiteren Reifen und/oder größeren Felgen plant, kommt um einen Reifen mit einem niedrigeren Seitenwandverhältnis nicht herum, da sich andernfalls der Reifendurchmesser und damit auch der Reifenumfang vergrößern würde, was wiederum eine Tachoangleichung und eine Anpassung der Scheinwerfereinstellung nach sich zöge. Wenngleich die Liste der Nachteile länger ist, als die der Vorteile, so darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine geringfügige Senkung der Flankenhöhe mehr Vorteile als Nachteile bringt. Die extremen Niederquerschnittsreifen dagegen bringen neben den genannten Nachteilen noch ein weiteres Problem mit sich. Durch die geringere Walkwirkung und das härtere Fahrverhalten wird dem Fahrer das Gefühl für sein Fahrzeug merklich genommen und die ihm verbleibende Reaktionszeit verringert sich drastisch. So ist mit solchen Reifen das Fahren im Grenzbereich selbst für erfahrene Rennpiloten purer Stress.

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